Wichtigstes Veranstaltungsformat sind die Jahreskonferenzen, auf denen die Forschungsaktivitäten schwerpunktmäßig vorgestellt und diskutiert werden. Auf diese Weise wird einmal jährlich der Gesamtzusammenhang des Schwerpunktprogramms hergestellt, um sektionsübergreifend Forschungsimpulse zu setzen und Kooperationsperspektiven zu eröffnen. Hinzu kommen thematische Workshops, die die TransUnits und Einzelprojekte organisieren sowie die Veranstaltungen, auf denen einzelne oder mehrere Mitglieder des SPP Projektrelevantes präsentieren.
Seit dem Beginn des dritten Projektjahrs gibt es ein neues Format: Digitale Diskussionen. Um die positiven Nebeneffekte der zunehmenden Digitalisierung von Forschung und Lehre, die durch die Corona-Pandemie beschleunigt worden sind, zu nutzen und gleichzeitig den Austausch untereinander zu intensivieren, setzt das SPP 2130 seine inhaltlichen Gespräche nun auch zwischen den Jahreskonferenzen fort. In regelmäßigen Abständen, jeweils am ersten Donnerstag eines Monats, treffen wir uns online mit Gastreferent*innen, um über verschiedene Aspekte der Übersetzungskulturen zu diskutieren, oder vertiefte Einblicke in die aktuelle Projektarbeit zu geben. Nicht nur SPP-Mitglieder, sondern auch alle Assoziierten und Interessierten sind herzlich eingeladen. Um die Zugangsdaten zu erhalten, melden Sie sich bitte bei der Geschäftsstelle.
Termine und Veranstaltungsankündigungen finden Sie unter Aktuelles bzw. im Kalender.
3. Jahreskonferenz des SPP 2130: „Ambiguität und Subversion. Gegenläufigkeiten frühneuzeitlicher Übersetzungskulturen“
15.–18. Sept. 2021, HAB Wolfenbüttel & online
Unter der Leitung von Regina Toepfer und Jörg Wesche fand die Jahreskonferenz erneut in hybrider Form statt. 25 Teilnehmer*innen konnten in der Augusteerhalle persönlich anwesend sein und online waren darüber hinaus insgesamt über 40 Personen via Zoom zugeschaltet. Dies ermöglichte auch Wissenschaftler*innen aus Ländern mit weiterhin bestehenden Reiseeinschränkungen die Teilnahme.
Wurden auf der zweiten Jahreskonferenz noch Fragen der Normalisierung und der Translationspolitik besprochen, ging es diesmal dezidiert nicht um Norm(ierung)en, sondern um die Frage nach dem Widerständigen, nach Gegenläufigkeiten in den Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit. Von den verschiedenen Zugriffen auf den Übersetzungsbegriff, die sich in den drei Sektionen des SPP 2130 widerspiegeln, bildeten Bezüge zu interlingualen und intermedialen Übersetzungen und zu epistemischen Konfigurationen zwei klare inhaltliche Schwerpunkte.
Im Fokus standen einerseits literarische Übersetzungsszenen sowie die Darstellung und Reflexion des Dolmetschens, wobei Nichtverstehen und Uneindeutigkeit als Phänomene in der frühneuzeitlichen Übersetzungskultur zu beobachten sind, die nicht nur theoretisch, sondern auch subversiv in Übersetzungssatiren und -tragödien verarbeitet wurden. Neben begriffsdefinitorischen und theoretischen
Reflexionen bildeten andererseits Fragen nach der Übersetzung von Ideen und Konzepten (z.B. europäische Vorstellungen des Martyriums nach Japan oder der Ehe und religiöser Hierarchien nach Neu-Mexiko) den zweiten Schwerpunkt. Bei der Analyse dieser Resemantisierungen und/oder Refunktionalisierungen kommt der Berücksichtigung verschiedener Wissenssysteme bzw. -ordnungen eine fundamentale Bedeutung zu.
In seiner Keynote mit dem Titel „On a Universal Tendency to Debase Retranslations or The Instrumentalism of a Translation Fixation“ vertrat Lawrence Venuti (Temple University, Philadelphia) die These einer universellen Tendenz zur Fixierung (‚fixation‘) bei Leserinnen und Lesern, die sich allzu oft in der Bevorzugung von älteren, schon bekannten Übersetzungen gegenüber neuen Übersetzungen manifestiert.
In diesem Jahr konnte Naoki Sakai (Cornell University, New York) seinen Vortrag „The Individuality of Language – Internationality and Transnationality“ in persona vor Ort fortsetzen. Er betrachtete die Sonderstellung der japanischen Sprache, ausgelöst durch die umfassende Abschottung des frühneuzeitlichen Japan von der internationalen Welt. Diese Abschottung verhinderte, dass sich das europäische Übersetzungsregime – ein in zahlreichen anderen Kulturen durch die europäische Kolonisierung beobachtbarer Globalisierungseffekt – in Japan verbreitete. Daher spricht Sakai von der Entstehung des Japanischen als „Totgeburt“ (‚stillbirth‘).
Neben den internationalen Gästen bildeten die Abschlusspräsentationen der TransUnits sowie das Pre-opening der digitalen Ausstellung des SPP 2130 weitere Highlights, die historische geisteswissenschaftliche Forschung mit innovativen, kreativen Methoden darstellen und vermitteln. So wurde der Einblick in die Ausstellung festlich gerahmt von einem musikalischen Gruß aus dem SPP-Projekt ‚Liedkultur des 17. Jahrhunderts als Übersetzungskultur‘, organisiert und kommentiert von Dr. Astrid Dröse und Dr. Sarah Springfeld, dargeboten von Charlotte Beckmann und Prof. Matthew Gardener.
Die Ergebnisse werden als Tagungsband in der Reihe ‚Early Modern Translation Cultures‘ publiziert.
Felix Herberth, Annkathrin Koppers
2. Jahreskonferenz des SPP 2130: „Übersetzungspolitiken“
16.–18. Sept. 2020, HAB Wolfenbüttel & online
Im Team geleitet von den SPP-Projektleiter*innen Antje Flüchter, Andreas Gipper, Susanne Greilich und Hans-Jürgen Lüsebrink fand die Tagung in hybrider Form mit 20 Teilnehmer*innen in der Augusteerhalle und insgesamt über 60 Onlineteilnehmenden via Webex statt, wodurch sich auch externe Wissenschaftler*innen beteiligen konnten. Ausgangspunkt war die zentrale Frage danach, warum bestimmte Texte, Bilder und Zeichenkomplexe übersetzt werden, während andere unübersetzt bleiben (müssen). Damit gerieten einerseits Übersetzungspolitik(en) im Sinne des Konzepts der translation policy und mit ihnen soziokulturelle, ökonomische und interkulturelle Einflussfaktoren in den Fokus, andererseits Übersetzungen im Kontext politischer Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse und somit der Zusammenhang zwischen politics und translation. Dabei ging es vor allem um das Zusammenspiel von akteurszentrierten und strukturellen Dimensionen bei Politiken des Übersetzens, wobei die Organisator*innen kulturelle Filter, Kalkül und Diplomatie als heuristisch besonders wichtig herausstellten. Die Keynote von Naoki Sakai (Cornell University) „The Individuality of Language –Translation and Internationality“erweiterte die Perspektive der Teilnehmenden, indem er die Vorstellung einer homogenen Sprache am Beispiel Japans als Fiktion entlarvte. Geplant ist, dass Herr Sakai diesen Vortrag auf der dritten Jahreskonferenz fortsetzt. Die Ergebnisse der diesjährigen Tagung sollen 2022 in der Reihe ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit / Early Modern Translation Cultures‘ (EMTC) veröffentlicht werden. Das hybride Tagungsformat kam bei den Teilnehmenden gut an, weil die digitale und die reale Welt eng miteinander verknüpft waren: Alle in Wolfenbüttel gehaltenen Vorträge wurden via Internet kommentiert und die Co-Moderation sorgte bei den Fragen und Anmerkungen für einen kontinuierlichen Wechsel zwischen den teilnehmenden Gruppen. Auf diese Weise konnten nicht nur zwischen den verschiedenen Disziplinen, sondern diesmal auch über verschiedene Teilnahmemodi und damit auch über unterschiedliche Orte und Pandemieeinschränkungen hinweg ‚übersetzt‘ werden, sodass rege Diskussionen nahezu ungehindert stattfinden konnten. Mit neuen Formaten setzten sich die SPPler*innen auch bei der Mitgliederversammlung in Hinblick auf die Gestaltung der Zusammenarbeit in der zweiten Förderphase auseinander.
Annkathrin Koppers
1. Jahreskonferenz des SPP 2130: „Übersetzen in der Frühen Neuzeit – Konzepte und Praktiken“
11.–13. September 2019, Wolfenbüttel
Unter Leitung des Programmausschusses – Prof. Dr. Peter Burschel, Prof. Dr. Regina Toepfer und Prof. Dr. Jörg Wesche – stellten die Mitglieder des SPP 2130 ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit (1450-1800)‘ nicht nur die konzeptuellen und methodischen Zugriffe ihrer Projekte, sondern bereits erste Arbeitsergebnisse vor.
In angeregten Diskussionen zeigte sich einmal mehr, dass die ganze Vielfalt der Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit nur mithilfe einer großen interdisziplinären Spannbreite, wie sie das SPP 2130 bietet, angemessen in den Blick genommen werden kann. Trotz oder gerade wegen dieser Diversität kristallisierte sich in intensiver Zusammenarbeit heraus, dass Übersetzen als Handlung, Sinnvermittlung und komplexer Prozess zu verstehen ist. Diese Perspektive nahm auch Peter Burke in seinem Abendvortrag ein. Seine Ausgangsthese war, dass alle Übersetzungen – von solchen, die nach linguistischer Identität streben, bis hin zu solchen, die mit ihren Vorlagen konkurrieren und sie zu überbieten suchen – immer kulturelle Übertragungen sind. Zwischen den Oppositionen Translation und Dislokation führte er den Begriff der Transposition ein, um die verschiedenen kreativen Aspekte des Übersetzens – von Domestikation über Explikation bis Assimilation – zu fokussieren.
Die SPP-Mitglieder sammelten zahlreiche Ideen für eine Ausstellung, um die gewonnenen Erkenntnisse zum Abschluss des dritten Projektjahrs auch in die Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Mitarbeiter*innen der Einzelprojekte fanden sich in festen Arbeitsgruppen (TransUnits) zusammen, die die Vernetzung innerhalb des SPP stärken und dem interdisziplinären Austausch dienen. Auch hier wurden Ideen für TransUnit-Projekte gesammelt. Kreative Prozesse waren also Gegenstand der wissenschaftlichen Auseinandersetzung und wurden von den Tagungsteilnehmer*innen selbst engagiert angewendet.
Die Ergebnisse der 1. Jahreskonferenz werden in einem Sammelband veröffentlicht, der 2020 erscheinen soll.
Annkathrin Koppers
Konstituierende Sitzung des SPP 2130: ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit‘
11.–12.01.2019, HAB Wolfenbüttel
Unter Leitung des Programmausschusses – Prof. Dr. Peter Burschel, Prof. Dr. Regina Toepfer und Prof. Dr. Jörg Wesche – stellten die Mitglieder des SPP 2130 ‚Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit (1450–1800)‘ ihre Projekte, gegliedert nach den drei Sektionen „Zeichensysteme und mediale Transformationen“, „Anthropologie und Wissen“ sowie „Kulturelle Zugehörigkeit und Gesellschaft“, vor. Dabei wurde schnell deutlich, dass sich der interdisziplinäre Austausch zwischen den Vertreter*innen der beteiligten Disziplinen Keltologie, Geschichte, Alt- und Neugermanistik, Romanistik, Religions- und Kunstgeschichte sowie der Wissenschaftsgeschichte als äußerst fruchtbar und anregend gestaltet. Diese intensive Zusammenarbeit soll daher auf der ersten Jahreskonferenz vertieft werden.
Am Abend des 11.01. wurde das SPP mit einem öffentlichen Abendvortrag in der Augusteerhalle eröffnet. Nach freundlichen Grußworten der Vizepräsidentin der TU Braunschweig und des Direktors der HAB sprach Doris Bachmann-Medick über verschiedene Modelle kultureller Übersetzung. Ihre Ausgangsthese war, dass die Binarität von Original und Übersetzung zugunsten mehrgliedriger Modelle überwunden werden müsse, gleichzeitig betonte sie die Bedeutung von Brüchen, Missverständnissen oder Umwegen über dritte Positionen.
Der Mehrwert dieser Modelle zeigte sich bereits in den folgenden Diskussionen, bei denen sich nicht nur die fein nuancierten Unterschiede der Übersetzungsbegriffe der einzelnen Projekte herauskristallisierten, sondern auch projektübergreifende Themen. Dies betrifft neben Übersetzungen in einem religiös-missionarischen Kontext beispielsweise die Übersetzerpersönlichkeiten und -netzwerke und damit eng verbunden auch Fragen der Machtverteilung bei Übersetzungsprozessen. Bei allen Gemeinsamkeiten geht es dem SPP 2130 nicht darum, Differenzen, Brüche und Probleme auszublenden, sondern gerade diese für einen interdisziplinären Austausch und die thematische, begriffliche und methodische Reflexion fruchtbar zu machen.
Annkathrin Koppers